Stele – Volkstorf

Volkstorf

Volkstorf wird 1230 als Bauerndorf erwähnt. Später unterstand das Dorf den Gütern Johannstorf und Pötenitz. Während in der ganzen Region seit dem 16. Jahrhundert viele Bauernstellen durch die Gutsherren gelegt und den Gütern zugeschlagen wurden, blieb Volkstorf als Bauerndorf mit zwölf Höfen bis in die 1950er Jahre erhalten. Es lag malerisch schön an dem Ufer des Dassower Sees, der jedoch Lübecker Hoheitsgebiet war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Dorf direkt an der späteren innerdeutschen Grenze, die am Seeufer verlief, und ab Mai 1952 befand es sich plötzlich im Sperrgebiet. Das leben der Einwohner war fortan mit großen Einschränkungen verbunden: Stasi und Grenztruppen waren allgegenwärtig, Ausweise wurden ständig kontrolliert, Besucher mussten angemeldet werden und erhielten oft keine Genehmigung. Vor allem junge Leute zogen fort. Unbewohnte Höfe wurden abgebrochen.

Bis 1960 mussten auf staatlichen Druck alle Bauern in die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) eintreten und ihr Land und Vieh einbringen. Andernfalls drohte Gefängnis oder Ausweisung aus dem Sperrgebiet. Das Dorf war den DDR-Behörden ab 1961 wegen der Nähe zur innerdeutschen Grenze am Seeufer ein Dorn im Auge, es sollte als Wohnort aufgegeben werden. Der See war versperrt. 1987 wurden die Grenzsicherungsmaßnahmen drastisch verstärkt. Die Felder lagen hinter Grenzsignalzäunen im 500-m-Schutzstreifen und konnten nur unter Aufsicht der Grenzpolizisten bearbeitet werden. Nur noch wenige Menschen wohnten hier. Trotz der scharfen Bewachung, der Beobachtungstürme und Absperrung mit hohen Grenzzäunen glückten gelegentlich Fluchten von DDR-Bürgern über den Dassower See. Durch die Veränderung ab 1989 ist Volksdorf dann doch noch erhalten geblieben.

(Text: Volker Jakobs)

EINE FLUCHTGESCHICHTE AM DASSOWER SEE VOM 19.7.1962

Unbemerkt hat der aus Sachsen stammende 21-jährige Rainer Schulz die Sperranlagen bei Teschow (DDR) überwunden, den Dassower See (BRD) erreicht und ist zur Insel Buchhorst geschwommen. Er verbringt dort die Nacht und will am nächsten morgen zur westdeutschen Halbinsel Priwall schwimmen. Grenzpolizisten vom Teschower Wachturm haben ihn entdeckt und nehmen ihn unter Schnellfeuer. Rainer Schulz springt verzweifelt ins Wasser und taucht lange Strecken. Er schwimmt nun orientierungslos in Richtung DDR-Ufer, wo er einen großen Stein entdeckt und sich dort ausruhen will. Vom Volkstorfer Ufer aus haben ihn bereits DDR-Grenzer im Visier und feuern Salven auf das Wasser. Lübecker Fischer hören die Schüsse und entdecken den Mann am Stein. Sie alarmieren den Bundesgrenzschutz und schützen den Schwimmer mit ihren Booten, bis das BGS-Boot den Flüchtling übernimmt.

Kurzfassung einer Fluchtbeschreibung aus dem Buch von Christine und Bodo Müller: „Über die Ostsee in die Freiheit“