Wachturm B105

Beobachtungsturm an der B105

Bis zum 9.November 1989 gehörte der Beobachtungsturm (BT) zu den Grenzanlagen der DDR. Er ist einer von 13 Wachtürmen auf 18 Kilometer zwischen dem Grenzübergang Selmsdorf/Lübeck und Pötenitz. Dieser 11m hohe BT war eine „Führungsstelle“. Dort diente der Kommandant des Grenzabschnitts mit zwei Grenzaufklärern.

Der Dassower See gehörte seit dem 12.Jh. zu Lübeck und damit zum Westen. Bis auf einen schmalen Streifen ist das Ufer Mecklenburgisches Territorium. Seit Kriegsende bewachten die Rotarmisten und später die neu gegründete ostdeutsche Grenzpolizei die Grenze. Nach Gründung der DDR 1949 entstanden nach mehrfachen Umstrukturierungen die Grenztruppen der NVA. Für die Grenzsicherung im Raum Dassow war zuletzt das Grenzregiment 6, Schönberg, Grenzkommando Pötenitz zuständig. Die Dassower Fischer hatten seit alters her Fischereirechte im See und nutzten ihn als Passage zur Ostsee. Nach dem Bau der Berliner Mauer am 13.8.1961 wurden die Promenade am See und die Badestellen gesperrt. Für die Dassower Fischerei kam das endgültige Aus – die Boote mussten ab 11.9.1961 nach Wismar verlegt werden.

Der – bundesdeutsche – See war der SED-Führung stets ein Stachel im ostdeutschen Dassow. An Stelle des Sees war auf DDR-Karten ein weißer Fleck, der Grenzverlauf war gefälscht. Die Transitstraße, heute B105, verlief direkt entlang der Sperranlagen. 1972 forderte das Grenzregime 6 eine „Schutzmauer“. Noch 1977 leugnete die Stasi die Baupläne. 1978 begann der Mauerbau in Dassow. Im Frühjahr 1979 war der See hinter einer 3 km langen und 3 m hohen Sperrmauer verschwunden. 11 Jahre lag versperrte die Mauer die Sicht auf den See.

60 freiwillige Helfer der Volkspolizei, 10 freiwillige Helfer der Grenztruppen und 12 inoffizielle Mitarbeiter der Stasi waren 1983 allein im „Sicherungsbereich Dassow“ eingesetzt, um die eigene Bevölkerung zu bespitzeln und Flüchtlinge festzunehmen. Insgesamt arbeiteten „136 Kräfte“ zur „vorbeugenden Grenzsicherung“.

Am 9. November 1989 brach die DDR zusammen und die einst tödliche Grenze fiel. Am 22. Januar 1990 begann die Demontage der Sperranlagen.

*“Literaturhinweis: Bodo und Christine Müller: „Über die Ostsee in die Freiheit“
Christine Voigt-Müller: „Hinter dem Horizont liegt die Freiheit“
Dorian Rätzke: „Zwischen Stacheldraht und Strandkorb“

ERFOLGREICHE UND GESCHEITERTE FLUCHTEN

23.7.1963: Frau Helga L. und einem Freund gelang die Flucht von Dassow. Im Schutz der Dunkelheit durchtauchten sie das Sperrgitter unter der Brücke über der Stepenitz. Sie Schwammen durch den Dassower See und die Pötenitzer Wieck bis Travemünde.

8.9.1966: Ein Student aus Rostock erreichte Dassow und sah zum ersten Mal die Grenzanlagen entlang der Straße F105. Er plante durch den Dassower See zu schwimmen. Einziges Hilfsmittel: ein Kompass. Auf seiner Wassersportkarte waren jedoch Grenzgebiet und Dassower See ein weißer Fleck. Er konnte sich nicht orientieren. Das Risiko, erschossen zu werden, war ihm zu groß. Er entschloss sich zum Rückzug. Bei Holm wurde er festgenommen. Das Urteil: Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten.

9.8.1973: Walter K. geb. am 20.5.1953 in Lohsa, war Grenzsoldat des 2. Grenzkommando Dassow im Grenzabschnitt GSAII/7. Der 20jährige schwamm durch den Dassower See, wurde von einem Fischer aufgenommen und nach Travemünde gebracht.

20.8.1978: Karsten R.B. aus Dassow und Falk P. aus Dönkendorf, beide 18 Jahre jung und Malerlehrlinge, gelang die Flucht über die Sperranlagen und den Dassower See nach Travemünde.

1965-1976: Im Raum Selmsdorf-Dassow-Pötenitz kam kaum jemand durch. Hier versuchten 178 Personen zu flüchten. 133 Personen wurden festgenommen. 45 Personen waren erfolgreich.

1970-1976: Im Bereich der späteren Sperrmauer versuchten acht Personen zu flüchten, kein Versuch gelang.