Stele – Schwanbeck

Schwanbeck

Schwanbeck war ehemals ein Bauerndorf mit 8 großen Höfen nahe am Dassower See. Es gehörte zum Stiftsland der Ratzeburger Bischöfe und kam 1701 zu Mecklenburg-Strelitz.

Nach Kriegsende 1945 lag Schwanbeck in der sowjetischen Besatzungszone, dicht an der Demarkationslinie am Dassower See, der zu Lübeck (BRD) gehört. 1950 wurde Schwanbeck nach Dassow eingemeindet. Mit der Errichtung des Grenzregimes am 26.5.1952 begann für Schwanbeck und für alle Orte im Sperrgebiet (=5-km-breite Sperrzone mit 500-m-breitem Schutzstreifen und 10-m-breitem Kontrollstreifen, Tag und Nacht bewacht) ein 37 Jahre währendes Dasein mit großen Einschränkungen.

Alle Bewohner des Sperrgebietes hatten einen extra Stempel in ihrem Ausweis, der sie als Bewohner kennzeichnete und zum Aufenthalt in diesem Gebiet berechtigte. Besucher benötigten eine polizeiliche Genehmigung, den „Passierschein“. Alle Bewohner und Besucher mussten in ein Hausbuch eingetragen werden.

Mit der Aktion „Ungeziefer“ (so bezeichnete das DDR-Regime ihre kritischen Bürger) wurden im Juni1952 aus dem gesamten Sperrgebiet in Mecklenburg 2.027 Menschen zwangsweise umgesiedelt, aus Schwanbeck 7 Familien mit 34 Personen. Die Großbauern wurden drangsaliert und mussten überhöhte Ablieferungsmengen erbringen. Bei Nichterfüllung des Solls wurden sie zu Gefängnisstrafen verurteilt oder aus dem Sperrgebiet ausgewiesen. Bis auf einen verließen alle Schwanbecker Großbauern ihre Höfe und flüchteten in den Westen. Viele Höfe und Häuser wurden abgerissen.

An dieser Landstraße von Lübeck nach Dassow lagen seit dem Mittelalter ca. 2km westlich das Siechenhaus, eine spätmittelalterliche Kapelle und ein Friedhof; seit 1688 gab es auch eine Schule für Zarnewenz, die aber schon 1917 geschlossen wurde. Die Gebäude wurden in den 1950er Jahren abgerissen, die Kapelle trotz Proteste des Denkmalschutzes 1973 gesprengt. Einige Ausstattungsstücke befinden sich heute in der Dassower Kirche. Auf dem Friedhof werden noch 2 Grabstellen gepflegt.

Seit Frühjahr 1979 versperrte eine 3-m-hohe und über 3-km-lange Mauer nach Berliner Vorbild entlang der Landstraße den Blick und den Zugang zum See. Dafür wurden ca. 100 Alleenbäume gefällt und Büsche und Hecken für Sicht- und Schussfreiheit gerodet. Die Straße nach Schönberg war gesperrt und nur mit Genehmigung zu passieren.

Der Abbau der Mauer begann am 22. Januar 1990.

(Text: Angela Radtke)

Literaturhinweis: Rätzke, Dorian: „Zwischen Stacheldraht und Strandkorb“. DDR-Alltag an der Lübecker Bucht.
Jakobs, Volker: 70 Jahre Stadtrecht für Dassow 1938-2008.
Pingel-Schliemann, Sandra: „Ihr könnt doch nicht auf mich schießen!“ Die Grenze zwischen Lübecker Bucht und Elbe 1945-1989