Stele – Schloss Johannstorf

Johannstorf

Johannstorf wird 1230 als Bauerndorf erwähnt. Später entstand im Ort ein Gut. Im 16. Jahrhundert gehörte dieser ritterschaftliche Besitz der Familie von Buchwald. diese ließ 1739-1743 ein schlossartiges Herrenhaus errichten, das auf einer alten, von einem Kanal gebildeten Insel lag. Hinter dem Herrenhaus dehnte sich ein Park aus. Zum Besitz gehörte auch die Halbinsel Priwall, die jedoch 1803 in Folge des Reichsfriedensdeputationserlasses von Mecklenburg an Lübeck abgetreten werden musste. Der Priwall wurde als Viehweide genutzt und war noch lange ein Streitort zwischen Lübeck und Mecklenburg, bis 1928 vor dem Reichsgerichtshof ein endgültiges Urteil gesprochen wurde. Von 1782 an gehörte Johannstorf der Familie Eckermann, die 1945 mit der Bodenreform enteignet wurde.

Der „Klützer Winkel“ zwischen Lübeck und Wismar gehörte bis 1945 zu Mecklenburg-Schwerin. Da die Trave, der Dassower See und die Pötenitzer Wieck seit dem Mittelalter zu Lübeck gehörten, verlief an ihren mecklenburgischen Ufern ab 1945 die Zonengrenze. Schon ab 1952 wurde die innerdeutsche Grenze durch die DDR immer stärker abgeriegelt und befestigt.1961 begann eine neue Phase des Ausbaus der Sperranlagen, die schließlich fast unüberwindlich waren: ein Symbol der SED-Herrschaft, die ihr eigenes Volk einsperrte.

In DDR-Zeiten wurde das Gutshaus durch die Gemeinde genutzt: Während im Obergeschoss Flüchtlinge einzogen, waren im Untergeschoss zeitweise eine Konsum-Verkaufsstelle, das Gemeindebüro, eine Bibliothek und ein Erntekindergarten untergebracht. Später nutzte das Volkskundemuseum Schönberg einige Räume als Depot.

Ab 1952 wurden überall in der DDR auf Befehl der SED „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften“ (LPG) gegründet. Bis 1960 wurden alle Bauer durch staatlichen Druck zum Eintritt in die LPG gezwungen. Später wurden die LPGs oft zusammengelegt, Johannstorf gehörte dann zur LPG Pötenitz. Es entstanden riesige Schläge, die mit damals moderner Technik bearbeitet wurden. Die Viehhaltung wurde nach und nach in großen Stallanlagen aus Betonteilen konzentriert. Im Vergleich zu heute war die DDR-Landwirtschaft beschäftigungsintensiv: Der größte Teil der Menschen in den Dörfern arbeitete in den LPGs, die auch Werkstätten und Baubetriebe hatten. Die Umgestaltung der Landwirtschaft nach 1990 hatte eine hohe Arbeitslosigkeit auf dem Lande zur Folge.

Nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 konnte sich die Natur im Grenzstreifen am See ungestört entwickeln; dieser wurde Naturschutzgebiet. Der Dassower See ist ein besonders wertvoller Teil des „Grünen Bandes“, das sich als Kette von Schutzgebieten an der ehemaligen innerdeutschen Grenze und am gesamten ehemaligen „Eisernen Vorhang“ entlangzieht. Nach 1990 wurde das Herrenhaus privatisiert. Im Jahre 2008 wurde auf dem Gut der preisgekrönte Film „Das weiße Band“ gedreht.

Literaturhinweis: Rätzke, Dorian: „Zwischen Stacheldraht und Strandkorb. DDR-Alltag an der Lübecker Bucht“