Wachturm Pötenitz

Der Wachturm im Pötenitzer Wald

Auf dem Gelände, auf dem dieser Turm steht, befand sich bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs das „Luftzeugamt (See) Pötenitz“. Die rund 50 Lagerhallen, Bunker und Unterkünfte dienten als Schnittstelle zwischen Wehrmacht und Rüstungskonzernen. Im Sommer 1947 sprengten Sowjets die Gebäude. Heute sind einzelne Trümmer noch eine Gefahr für neugierige Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Die Gebäudereste wurden zwar zertrümmert, damit sie nicht mehr einstürzen können, einzelne Gefahrenstellen gibt es im Wald aber nach wie vor.

Unmittelbar am ehemaligen Kolonnenweg standen zu DDR-Zeiten in regelmäßigen Abständen Be-obachtungstürme. Bei dem Spähturm in Pötenitz handelt es sich um einen sogenannten Führungsturm.

Er war Bestandteil der DDR-Grenzanlagen an der Ostseeküste. Seinerzeit war hier alles eben. Kein Strauch, kein Baum, freie Sicht nach Travemünde.

Von diesem Turm aus wurde das Gebiet um die Pötenitzer Wiek, die zur BRD gehörte und dem Priwall beobachtet. Im Turm gab es eine große Videokamera und einen Monitor. Der Wachturm beherbergte eine so genannte Führungsstelle der NVA – Grenztruppen. Hier saß der Kommandant eines Grenzabschnitts.

Es bestand ständiger Kontakt zu den Kollegen in Barendorf (etwa 5 – 6 km entfernt an der Ostseeküste). So konnte das Zusammenwirken von Volksmarine und Grenztruppen sowie der Einsatz der Truppen innerhalb des Grenzabschnitts koordiniert werden.

Mit der Öffnung eines Grenzübergangs für Fußgänger zwischen Pötenitz und dem Priwall am 3.2.1990 hatte der Turm seine Funktion verloren. Er wurde zunächst von Amateurfunkern als Funkstation genutzt, 2011 richtete der Bundesforstbetrieb dort Nistmöglichkeiten für Fledermäuse ein. Der Turm steht derzeit unter Verwaltung des Bundes-forstbetriebs Trave in Mölln.

Aus Schutz vor Vandalismus hat man die Stahltür inzwischen fest verschlossen. Eine Besichtigung des Turminneren ist aus Sicherheitsgründen leider nicht möglich (die Treppe ist marode).

Die ehemalige innerdeutsche Grenze

Mit der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik wurde 1949 aus der Zonengrenze die deutsch-deutsche Grenze.

Die DDR bezeichnete die deutsch-deutsche Grenze offiziell bis 1956 als „Demarkationslinie“, dann als „Grenze“ und ab 1964 als „Staatsgrenze“.

In Westdeutschland blieb sie in den ersten Jahren offiziell die „Demarkationslinie“ oder umgangs-sprachlich häufig bis zur Wiedervereinigung die „Zonengrenze“.

Nachdem die Bundesrepublik Deutschland 1972 im Grundlagenvertrag die DDR staatsrechtlich als eigenen Staat anerkannte, wurde diese Grenze auch formal eine Staatsgrenze.

Schon ab 1952 wurde die Demarkationslinie zur Bundesrepublik seitens der DDR aufgrund der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen‘ vom 26. Mai 1952 verstärkt abgeriegelt.

Die verstärkte Abriegelung wurde am 18. Juni 1954 mit der Anordnung über die Neuregelung der Maß-nahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und Westdeutschland formell geregelt; am 3. Mai 1956 wurde sie von der Verordnung zur Er-leichterung und Regelung der Maßnahmen an der Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Deutschen Bundesrepublik abgelöst.

Seit dem 19. März 1964 galt stattdessen die Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik, die schließlich nach mehreren Änderungen am 25. März 1982 vom Gesetz über die Staatsgrenze der

Deutschen Demokratischen Republik ersetzt wurde. Dieses galt bis zum Einigungsvertrag.

Entlang der Grenze zu Schleswig-Holstein bestand seit der Anordnung von 1954 auf dem Gebiet der DDR offiziell ein Sperrgebiet. Dieses setzte sich aus einer vorgelagerten 5-km-Sperrzone, gefolgt vom 500 Meter breiten Schutzstreifen und dem Kontroll-streifen unmittelbar vor dem Grenzzaun zusammen.

Die ursprünglichen hölzernen Wachtürme für die DDR-Grenztruppen wurden in den 1960er Jahren zunächst durch zylindrische, später durch viereckige Betontürme für drei bis fünf Soldaten ersetzt. Die Türme wiesen häufig Schießscharten im 2. Zwischengeschoss auf. Die Ausrüstung bestand neben der Bewaffnung der Soldaten aus Signalmitteln, Kartenmaterial, einer Fernmelde-standleitung und einem Suchscheinwerfer mit 360 Grad Schwenkbereich, später zum Teil auch aus Videokameras. Der zehn Meter breite (gepflügte) Kontrollstreifen wurde auch „Todesstreifen“ genannt.

Dieser Bereich war zeitweise mit Antipersonenminen oder Selbstschussanlagen ausgerüstet. Der mit Stacheldraht gesicherte Schutzstreifen wurde systematisch von allen möglichen Sichthindernissen geräumt, hierzu wurden Planierungen vorgenommen. Flusspassagen und -übergänge wurden durch tief reichende Sperrgitter gesichert, so z.B. auch in Dassow an der Mündung der Stepenitz in den zur BRD gehörenden Dassower See. An der Grenze waren etwa 30.000 Grenzsoldaten der Grenztruppen der DDR stationiert; sie hatten den Befehl, die Flucht mit Waffengewalt zu unterbinden.

Außerdem war die Grenze seit 1961 auf ostdeutscher Seite teilweise vermint und mit Signalzäunen und Hundelaufanlagen sowie von 1970 bis 1983/84 mit Selbstschussanlagen aus-gestattet, die auf den geräumten Grenzstreifen der DDR hin ausgerichtet waren (Todesstreifen).

Eine besondere Rolle im Grenzsystem der DDR spielten die Ostsee- und die Elbegrenze:

An der Ostseeküste war der gesamte Strandbereich an der Lübecker Bucht von der Grenze an der Halbinsel Priwall bis kurz vor Boltenhagen streng bewachtes Sperrgebiet. Auch der restliche Abschnitt der DDR-Ostseeküste wurde wegen der Nähe zur Bundesrepublik, Dänemark und Schweden von der 6. Grenzbrigade Küste der Volksmarine bewacht. Das Befahren des Meeres, ausgenommen der inneren Boddengewässer, mit Sportbooten war nur einem ausgewählten Personenkreis mit Sondergenehmigung gestattet.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.grenzkommando.de

Wir danken Herrn Thilo Wiezrock ganz herzlich für die Unterstützung bei unserem Projekt. Vielen Dank auch Herrn Dr. Andreas Wagner vom Grenzhus Schlagsdorf und Herrn Wolf-Dieter Berger aus Pötenitz, der Bundesforstverwaltung und dem Bundesforstbetrieb Trave in Mölln sowie der Stadt Dassow für das Freimähen rund um den Turm.

(Text: Christine Vogt-Müller)

Besuchen Sie auch die Museen

Grenzhus in Schlagsdorf

Öffnungszeiten

Mo. bis Fr. 10.00 bis 16.30 Uhr
Sa. und So. 10.00 bis 18.00 Uhr
(November bis Februar bis 16.30 Uhr)

und die Grenzdokumentationsstätte in Lübeck-Schlutup, 23568 Lübeck, Mecklenburger Str. 12

Öffnungszeiten:

Frei. u. Sa.: 14.00 – 17.00 Uhr

Sonntag: 11.00 – 17.00 Uhr

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für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

‚Über die Ostsee in die Freiheit‘

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Verlag Delius Klasing