Stele – Pötenitz Siedlung

Pötenitz (Siedlung)

wird im Ratzeburger Zehntregister von 1230 als slawisches Dorf bezeichnet und war im Mittelalter ein Bauerndorf. 1704 entstand hier ein Gut, das zunächst der Familie Eckermann und zuletzt der Familie von Brocken gehörte.

Zwischen der Straße zum Priwall und der Pötenitzer Wiek entstand ab 1936 (NS-Zeit) ein riesiges Zeugamt der Luftwaffe (LZA). Dass es gerade hier gebaut wurde, liegt an der Nähe der Erprobungsstelle der Luftwaffe auf dem Priwall und dem Bahnanschluss aus Dassow. 1947 wurden die Anlagen durch die sowjetischen Besatzer gesprengt, Ruinenreste sind im Wald noch zu sehen.

Diese Siedlungshäuser wurden für die Offiziere des Luftzeugamtes gebaut, in DDR-Zeit nutzte sie die Grenzpolizei. Ein ehemaliger Wachturm aus DDR-Zeiten steht noch im Wald.

1945 wurde Pötenitz, wie alle Güter in der sowjetischen Besatzungszone, mit der Bodenreform enteignet und zum Teil aufgesiedelt. Die Eigentümerin flüchtete in den Westen.

Das Herrenhaus wurde zu DDR-Zeiten durch die Gemeinde genutzt:

Gemeindeverwaltung, Kindergarten und Kinderkrippe, Konsum-Laden und Wohnungen befanden sich darin. Ab 1952 lag auch Pötenitz im Sperrgebiet und war später Standort einer Kompanie der DDR-Grenztruppen. Die einfachen Grenzsoldaten waren Wehrpflichtige, die ihren Grundwehrdienst von 18 Monaten verrichten mussten. Tag und Nacht patrouillierten die Grenzsoldaten zu zweit am Zaun und besetzten die Wachtürme. Die Pötenitzer Wiek war bereits westliches Gebiet.

Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 wurden die Grenzanlagen immer schwerer zu überwinden. Viele DDR-Bürger, auch Grenzsoldaten, versuchten über die „nasse“ Grenze zu fliehen und riskierten ihr Leben. Bereits im Vorfeld agierten jedoch die hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit (Stasi), die Volkspolizei (Vopo) und freiwillige Helfer. Die meisten Fluchtversuche endeten im Gefängnis oder tödlich.

Die Halbinsel Priwall gehörte zu Lübeck und damit zur Bundesrepublik, doch es gab hier keinen Grenzübergang. Erst am 3.2.1990 wurde am Strand die Grenze zwischen Pötenitz und dem Priwall geöffnet.

Pläne zum Bau einer Hotelanlage auf dem Gelände des Gutes endeten 1999 in einer spektakulären Insolvenz.

(Text: Volker Jakobs)

EINIGE FLUCHTGESCHICHTEN

20.8.1965: Ein Ehepaar und ein 16-jähriger Junge aus Pötenitz flüchteten mit aufgepumpten Mopedschläuchen über die Wiek. Nur die Frau und der Junge schafften es. Die Leiche des Ehemannes Horst R. wurde am 30. August am westlichen Ufer gefunden.

12.2.1968: Zwei 19-jährige Maurer aus Grevesmühlen überwanden zunächst die Pötenitzer Sperranlagen und versuchten dann mithilfe von Luftmatratzen durch die Wiek zu fliehen. Sie erfroren dabei.

7.5.1988: Der 21-jährige Detlef B. aus Malchow war bereits wegen Fluchtversuchs 18 Monate im Gefängnis. Dennoch wagte er einen weiteren Versuch, mithilfe eines LKWs die Sperranlagen bei Pötenitz zu überwinden, was ihm gelang. Er stieg um Mitternacht in die Wiek. Am 11. Mai wurde seine Leiche in der Lübecker Bucht geborgen.

Alle aus: » Pingel-Schliemann, Sandra: „Ihr könnt doch nicht auf mich schießen!“ Die Grenze zwischen Lübecker Bucht und Elbe 1945-1989

19.5.1988: Detlef Bremer starb beim Versuch, die Pötenitzer Wiek zu durchschwimmen. Seine Leiche wurde am Dummersdorfer Ufer gefunden. Er trug Teile einer Uniform der DDR- Volksarmee.

Aus: » Müller, Christine u. Bodo: „Über die Ostsee in die Freiheit“